Beute(l)züge durch die Literatur
Keineswegs Abfälligs über Menschen und Müllbeutel
- 80 Seiten
- Sponsor : Melitta Unternehmensgruppe / SWIRL ®
- Reihe ETIKETT
978-3-933974-76-1
14.00 €
Eine Anthologie – und eine ziemliche Überraschung: Ein Buch, das nur vom Müll handelt, aber alles andere als eine anrüchige Sammlung ist. Sondern anregende Literatur.
In »Beute(l)züge durch die Literatur« haben die Herausgeber Claudia Franz und Axel Dielmann erstaunliche Entdeckungen gemacht: Da findet man schon aus dem Jahr 1975 einen langen Essay (mit 12 Seiten der längste Beitrag im Band) über das dräuende Problem der »artgerechten« Müllentsorgung – und der Autor Italo Calvino liefert gleich eine regelrechte Soziologie des Umgangs mit Müll in den verschiedenen Ländern und Gesellschaften an. Da gibt es Autoren wie Christa Wolf, die uns die bunte Psychowelt der Nachbarschaftsprobleme anhand von Müllbeuteln und -tonnen neu vorführen, da sind ulkige Beiträge wie das »Gedicht Müllionäre« von Heinz Erhardt, da treten Erzählungen auf von den Berühmtheiten des aktuellen Buchweltmarktes wie Stuart O’Nan und Stephan King. Was aber besonders erfreulich ist: Man bekommt auch ganz frische, eher unbekannt, sehr überraschende Stimmen zu lesen. Ingrid Mylo kenne ich noch aus ihren immer beschwingenden, dabei Walter-Benjamin-starken Prosasplittern aus dem »Pflasterstrand« (selig), und so ist es die Freude des Wiederentdeckens, mit der man ihren Besuch bei einem wichtigen Medienmenschen liest, zu dem sie vor lauter Aufregung ihre nicht entsorgte Mülltüte mitgeschleppt hat; und das stinkt nun allen Beteiligten. Dirk Hülstrunk ist ein ganz junger Radiomacher, den die Herausgeber mit einem Entsorgungsgedicht aufgenommen haben. Ulrike Draesner ist schon gut angekommen im Literaturbetrieb, denke ich, aber sie ist noch immer für eine lyrische Überraschung gut. Peter Untucht ist leider noch recht unbekannt …
Aber so geht das mit wichtigen und richtigen Büchern: Man findet gleich zwei neue, die man lesen muß, gleich drei alte, die man wiederlesen muß, gleich vier, die man am liebsten selbst schreiben möchte.